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Spinnen mit der Handspindel

Mit "Spinnen" ist die Tätigkeit gemeint, bei der man aus einem Vliesvorrat lose Fasern herauszieht und diese mit einem Spinngerät zu einem stabilen Faden verdreht. Es können tierische Fasern wie Haare, Seide und Wolle, aber auch pflanzliche Fasern (Bast) wie Flachs oder Hanf versponnen werden. Sie bilden das Grundmaterial für jegliche Weberei.

 

Das gesponnene Garn kann zum Weiterverarbeiten noch durch Verzwirnen, Bleichen und/oder Färben aufbereitet werden

 

Das Spinnen mit einer Handspindel oder einem ähnlichem Gerät gibt es seit mindestens 8.000 Jahren. Erst im 12. Jahrhundert gelangte das damals noch per Hand betrieben Spinnrad aus dem Orient nach Europa. Bis dahin war das Spinnen mit der Handspindel die einzige Möglichkeit, das benötigte Garn für sämtliche Bekleidungen, Decken, Schiffssegel und andere Textilien herzustellen - was den Wert der Textilien in ein entsprechendes Licht rückt.

 

Ein bedeutender Fund aus der Wikingerzeit, die Schiffs-Bestattung aus Oseberg (Norwegen), beinhaltet eine vielfältige Sammlung an Textilien und Textilwerkzeugen, u.a. Spinnwirtel mit und ohne Spindelstäben. Spinnwirtel werden häufig in Frauengräbern, selten auch in Männergräbern, als auch in Siedlungsschichten gefunden.

Es gibt verschiedene Spindeltypen, jedoch ist der Grundaufbau gleich. Die Achse besteht meist aus einem Holzstab, der Wirtel wurde aus verschiedenen Materialien wie z.B. Ton, Knochen, Bernstein oder Speckstein, in seltenen Fällen auch aus Glas hergestellt. Dabei gilt: je schwerer die Spindel, umso dicker wird das entstehende Garn, je breiter der Wirtel, umso langsamer und länger dreht sich die Spindel, umso mehr Zeit hat man also für das Ausziehen des Garnes. Dünne Garne erfordern höhere Drehzahlen als dickes Garn.

 

In einer Hand wird der Materialvorrat locker gehalten, die andere Hand gibt der Spindel Schwung und zieht dann aus dem Materialvorrat vorsichtig kleine Mengen aus. Die Drehung der Spindel verdrillt diese dann zu einem Faden. Lässt der Schwung der Spindel nach, muss sie erneut angeschoben werden. Erreicht die Spindel den Boden, wird sie angehalten, der entstandene Faden auf die Spindel aufgewickelt und man beginnt von neuem. Achten muss man dabei auf die Spindel und ihre Bewegung und auf die Handkoordination beim Ausziehen des Materials, damit der Drall des Fadens nicht ins Vlies läuft, was das sanfte Lösen einzelner Fasern erschwert. Mit ein wenig Übung klappt das aber recht gut.

 

Wir nehmen an, dass das Spinnen von Wolle und geg. Leinen oder Hanf eine alltägliche Arbeit war, die von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter von allen Mitgliedern eines Hauses ausgeführt wurde. Mit entsprechender Übung braucht man dafür nur wenig Licht - somit eine Arbeit auch für die Abendstunden, die dunkle Winterzeit oder auch für ältere Menschen.

Handspinnen dauert - lang. Was aber keineswegs dazu führte, dass man zur Wikingerzeit sackähnliche, grobe Kleider  trug. Funde aus den verschiedenen Grabungsorten wie Birka oder Haithabu zeigen sehr zarte Stoffe - so wurden Gewebe aus sehr dünnen Fäden gefunden, teilweise bis zu 20 Fäden auf einem Zentimeter Gewebebreite. Wie lange und wie vorsichtig dafür gearbeitet werden musste, kann man sich ausmalen.


Wenn ihr Fragen zur Spinnerei habt, wendet euch an Solá und Rafarta

 

Hier noch ein kleines Video: Solá vor dem Tuchmacherhaus in Haithabu: